Redebeitrag zur 1. Mai-Demo

Zum ersten Mai fand in Oldenburg wieder eine Demonstration statt, an der ca. 400 Menschen teilnahmen. Auch wir hielten dort einen Redebeitrag, den wir an dieser Stelle noch einmal veröffentlichen wollen:

Während sich die EU gerade mit ausreichend Impfstoff versorgt, muss man im globalen Süden nicht nur auf die Impfung warten, sondern spürt auch die Konsequenzen der Klimakrise viel intensiver als hier. Das Klima wartet nicht, bis die Pandemie vorbei ist – im Gegenteil: Der Punkt, an dem die ersten großen „Kipp-Punkte“ erreicht sind und die Klimakrise nicht mehr aufzuhalten ist, rückt immer näher.


Es sind jedoch nicht nur Dürren, Überschwemmungen, Wirbelstürme und im letzten Jahr eine von der Klimakrise mitverursachte Heuschreckenplage, die während der Pandemie aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwunden sind. Klimarisiken stellen wie Gesundheitsrisiken eine existenzielle Bedrohung für viele Menschen, insbesondere im globalen Süden, dar.


Die meisten Staaten haben im letzten Jahr ihre Aufmerksamkeit vom Klima abgewandt.Dass z.B. internationale Konferenzen mit ohnehin zweifelhaften Erfolgsaussichten ausfallen und verschoben werden, trifft den globalen Süden gleich mehrfach. Der Klimagipfel COP26 wurde um ein Jahr verschoben und findet daher dieses Jahr in Schottland statt, obwohl 2021 eigentlich ein Gipfel in Afrika vorgesehen war. Da die Gastgeber*innen die Tagesordnung quasi eigenständig festlegen können, ist auch das ein Rückschlag für den globalen Süden.


Positive Seiten gibt es kaum – aus der Pandemie können wir wenig lernen für die Klimagerechtigkeit. Wir sehen nur, was wir davor schon wussten: Ob Gesundheit oder Klima, für Wirtschaftswachstum ist im Kapitalismus kein Preis zu hoch. Selbst im härtesten Lockdown waren die Emissionen immer noch zu hoch, die Pandemie wird den Klimawandel wahrscheinlich gerade mal um einen Monat verzögern. Die Politik feiert sich dafür, dass ihre viel zu niedrigen Klimaziele im letzten Jahr erreicht wurden, doch die Emissionen werden wieder steigen.


In Deutschland geht die Klima- und Umweltzerstörung munter weiter: Obwohl der viel zu späte Kohleausstieg beschlossen ist, will die Regierung in NRW weiter Dörfer für den Tagebau Garzweiler opfern. Mit Datteln IV ist zu Beginn der Pandemie sogar ein neues Kohlekraftwerk ans Netz gegangen. Die Autoindustrie setzt ihre Hoffnungen auf Elektroautos – obwohl klar ist, dass Individualmobilität unsere Probleme nicht lösen wird. Und der Staat baut weiter Autobahnen, die kein Mensch braucht, wie die A20 im Ammerland und die A49 in Hessen.


Wir dürfen uns nicht nur auf die Folgen der Pandemie für unsere Gesundheit konzentrieren, sondern müssen auch die schon davor bestehenden Probleme im Blick behalten. Dafür brauchen wir einen radikalen gesellschaftlichen Wandel. Wir müssen den Kapitalismus mit seinem Wachstumszwang und seinen Ausbeutungsmechanismen überwinden. Sonst ist weder eine ernstzunehmende Bekämpfung der Klimakrise noch soziale Gerechtigkeit weltweit möglich.


Wir werden für unsere Utopie kämpfen: Für eine Welt ohne Klimakatastrophe, eine Welt in der jede und jeder notwendige Lebensbedingungen vorfindet und wir unseren Lebensstil nicht auf Kosten des Globalen Südens aufbauen. Doch in jeder Hinsicht läuft uns die Zeit davon – täglich schneller. Darum haltet euch nicht mit halben Sachen auf! Lasst euch nicht vertrösten! Werdet entschlossener!