Auch wir beteiligten uns mit einem Redebeitrag am 1. Mai 2022 in Oldenburg bei der alljährlichen Demonstration. Diese Stand unter dem Motto “Oldenburg – eine Stadt für alle” und wurde vom Bündnis für solidarische Intervention Oldenburg organisiert.
Die Rede dreht sich um die fatale Bahnpolitik seit der neoliberalen Bahnreform 1994 und dessen Resultate. Eine Stadt für Alle braucht einen günstigen, funktionierenden und gut ausgebauten öffentlichen Verkehrssektor!
Hier könnt ihr euch unseren eingesprochenen Redebeitrag anhören:
Foto von Rie_aktiv
Hier die Rede zum Nachlesen:
Wir stehen heute hier vor dem Bahnhof. Ich wette viele von euch haben sich hier oder in anderen Bahnhöfen schon über teure Zugtickets, schlechte Anbindungen, oder unzuverlässigen Verkehr geärgert. Dabei ist die Bahn ein wichtiger Bestandteil der Verkehrswende und auch ein großer Arbeitgeber. Trotzdem wurden seit den 1990er Jahren vermehrt schienenstrecken und Stellen abgebaut. Doch wieso? Der Grund sind kapitalistische Privatisierungsprozesse von öffentlichen Gütern. 1994 gab es eine Bahnreform, welche daraufhin arbeitete die Bahn börsenfähig und bereit zur Privatisierung zu machen. Mittlerweile arbeitet die Bahn wie ein Privatunternehmen und besitzt ü. 500 Tochterfirmen, welche teils weit von der ursprünglichen Aufgabe der Bahn abweichen. Seit 1994 wurden ca. 10 Prozent des gesamten Schienennetzes zurückgebaut. Aufgrund der Profit Orientierung und die steigende Attraktivität des Autos wurden die am wenigsten befahrenen Strecken stillgelegt. Die ehemaligen Bahnunternehmen der DDR und BRD waren stark verschuldet. Mit der Bahnreform wurde der weg freigelegt mit Entlassungen einzusparen. Von 1991 bis 2001 wurde das Personal der DB um 52 Prozent abgebaut. Mit Gewerkschaften gab es die Einigung dass es keine betriebsbedingten Kündigungen geben darf. Forschende gehen jedoch davon aus, dass ein hoher Druck auf die Beschäftigten ausgeübt wurde, “freiwillig” Abfindungsangebote anzunehmen. Außerdem wurde beobachtet, dass FLINTA+ ( FLINTA+ steht für Frauen, Lesben, intersexuelle, nicht-binäre, trans und agender Personen. Dies ist ein Sammelbegriff für Menschen die aufgrund ihrer Geschlechtsidentität patriarchale Diskriminierung erfahren) weit überproportional “freiwillig” auf die Abfindungsangebote eingingen. Das kann damit in Zusammenhang gebracht werden, dass FLINTA+s Hauptsächlich die unbezahlte Haus- und Sorgearbeit leisten und sich somit nicht an die neuen Anforderungen von Flexibilität anpassen konnten. Eine Berliner Forschungsgruppe formuliert es so, dass „Frauen mit hohen familiären Anforderungen” der erwarteten Mobilitätsbereitschaft nicht gerecht wurden Außerdem wurden innerhalb der Bahn sog “Restrukturierungsabteilungen” aufgebaut. Diese dienten zur Flexibilisierung, um mit einem wechselnden Bedarf an verschieden beschäftigten Personen umgehen zu können. Menschen ohne Konkreten Arbeitsplatz innerhalb der DB wurden hierhin versetzt. Weiter- und Fortbildungen sollen sie auf neue Abteilungen vorbereiten. Dies funktionierte jedoch meistens nicht Iris Nowak beschreibt: „Die Strategien, die zu ihrer (Wieder- oder Weiter-) Beschäftigung führen sollen, dienen in erster Linie einer Individualisierung ihrer sozialen Situation, die Offenheit und Unsicherheit bedeutet, aber kaum Entwicklungsoptionen erkennen lässt“ Auch in diesen Restrukturierungsmaßnahmen sind FLINTA+s überdurchschnittlich oft vertreten. Auch hier liegt das u.A. daran, dass diese vermeintlichen Möglichkeiten der Weiterbildung Flexibilität voraussetzten. Was mit care-Arbeit schwer vereinbar ist. Die Folgen von Privatisierung der DB AG stehen hier heute nur beispielhaft für einen Arbeitsmarkt mit immer mehr präkerer Arbeit. Also Arbeit ohne oder mit wenig materieller Sicherheit. Öffentliche Güter wie Mobiltität und Transportation, wie in diesem Falle, oder auch Dinge wie Wohnen oder Lebensmittelversorgung müssen gemeinschaftlich und gemeinwohlorientiert organisiert werden, um eine ökologische und soziale Zukunft erreichen zu können Oldenburg als Stadt für alle bedeutet für uns einen Ausgebauten, stabilen und kostenlosen ÖPNV für alle. Dieser aber nicht auf kosten der Arbeitenden, sonden solidarisch finanziert und Gemeinwohl orientiert, statt profit basiert. Also, heraus hin zu einer sozialen und ökologisch gerechten Gesellschaft, nicht nur am 1. Mai sonder an allen Tagen!