Redebeitrag zur Fahrraddemo am 12.7.

Heute fand eine Fahrraddemo über die Nordtangente statt, die eine sozial gerechte und umwelverträgliche Mobilität gefordert hat (Genaueres unter https://www.mobilol.de/). Unseren Redebeitrag dazu könnt ihr hier noch einmal nachlesen:

Das schlechte Wetter der letzten Wochen kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich unser Planet weiter erhitzt. Während sich die Menschen auf die sie persönlich betreffenden Konsequenzen der Pandemie konzentrieren, gehen die schlechten Nachrichten zum Klima unter: In der Antarktis werden Rekordtemperaturen gemessen, in Sibirien taut der Permafrost auf und in Südamerika stirbt der Amazonas. Die Zeit ist knapp, doch die Politik ist nicht bereit, entsprechend zu reagieren. Der Bundestag hat vor anderthalb Wochen offiziell beschlossen, dass der Kohleausstieg 2038 abgeschlossen sein soll. Dann ist es aber bereits zu spät. In der Zwischenzeit scheint es für Politik und Wirtschaft keinen Widerspruch darzustellen, dass mit Datteln IV ein ganz neues Kohlekraftwerk ans Netz geht.

Nicht nur im Ausland und in anderen Teilen Deutschlands, sondern auch in unserer Umgebung wird an Projekten ohne Zukunft weitergearbeitet. Wenige Kilometer nördlich von Oldenburg schreitet die Planung der A 20 weiter fort: Eine Autobahn, die niemand braucht. Der Widerstand in der Gesellschaft gegen die Förderung des Autos scheint aber zu wachsen.

Im großen Corona-Konjunkturpaket war die von der Autoindustrie geforderte Abwrackprämie 2.0 nicht enthalten – die Förderung des Verbrennungsmotors ist politisch nicht mehr vermittelbar. Das Paket ist dennoch keine gute Nachricht für das Klima: Der Fokus liegt weiter auf dem privaten Autoverkehr. Elektroautos und Hybride werden noch stärker gefördert als zuvor. Dabei geht es nicht nur um Kleinwägen, sondern auch um fette SUVs. Eine echte Verkehrswende sieht anders aus. Nicht nur der Verbrennungsmotor, sondern der gesamte private Autoverkehr hat in einer nachhaltigen und sozialen Gesellschaft keinen Platz. Es reicht nicht, die Förderung der schädlichsten Technologie zu streichen und den Rest vom Markt regeln zu lassen. Wir brauchen ein völlig neues Verkehrskonzept.

Für ein solches Konzept müssen wir aber nicht nach Berlin oder Hannover schauen, sondern können gleich in Oldenburg anfangen. Deshalb fordern wir: einen ausgeweiteten, kostenlosen und klimaneutralen ÖPNV und die Hälfte der Fahrspuren für Fahrräder und Rollstühle, bis wir die autofreie Stadt umsetzen können. Wir fordern eine drastische Reduzierung von Parkplätzen und eine Überwindung des Individualverkehrs.

Es gibt in Oldenburg zu viel Platz für Autos, zu wenig für Menschen. Autos, die 23 Stunden am Tag stehen und oft nur eine Person transportieren, obwohl Platz für fünf Menschen wäre. Wenn ihr heute durch die Stadt fahrt, überlegt euch wofür ihr den Platz verwenden könntet. Wir können die Stadt zurückerobern und Räume für Zusammensein, Kultur und Wohnen schaffen. Wir wollen Wohnraum statt Parkhäuser! Wir wollen Spielplätze statt Parkplätze!

Nicht nur die Klimakrise, sondern auch die Belastung durch Abgase trifft uns. Wir verlieren Lebensjahre durch den Feinstaub, den wir einatmen. Besonders belastet von Abgasen sind Menschen, die sich keine Wohnung weit entfernt von viel befahrenen Straßen leisten können. In unseren Städten stirbst du früher, wenn du arm bist. Wir fragen uns: weshalb wird nichts getan? Oft wird gesagt, dass Gegenmaßnahmen nicht wirtschaftlich sind und wir konkurrenzfähig bleiben müssen. Aber in einem Wirtschaftssystem in dem Maßnahmen gegen ökologische Krisen nicht rational sind, stimmt grundlegend etwas nicht. In einem Wirtschaftssystem, das Profitsteigerung über alles stellt, ist Betrug für Konzerne eine sinnvolle Strategie. In diesem System schützen Politiker*innen betrügende Konzerne, um den Wirtschaftsstandort zu erhalten. Mit dem Dieselskandal haben wir den größten Wirtschafts- und Umweltskandal seit Jahrzehnten erlebt. Wirkliche Konsequenzen in Deutschland? Keine. Stattdessen werden jährlich in Deutschland 7.000 Menschen für Schwarzfahren inhaftiert. Menschen, die sich Bewegungsfreiheit und Mobilität nicht leisten und die Strafen nicht zahlen können, gehen ins Gefängnis, aber für den Dieselskandal noch niemand.

Wenn die Politik uns und zukünftige Generationen im Stich lässt, müssen wir den Wandel selbst in die Hand nehmen. Heute mit dem Fahrrad auf der Autobahn, aber auch mit zivilem Ungehorsam gegen die zerstörerische Autoindustrie. Wenn Regierungen und Konzerne nicht handeln, stellen wir uns dem Verkehrswahnsinn in den Weg. Wir brauchen ein grundlegendes Umdenken. Wenn nicht mit den Konzernen, dann eben gegen sie. Wenn nicht mit der Politik, dann schaffen wir es selbst. Wir wollen eine andere Welt und das ist möglich. Bleibt mit uns aktiv für die Mobilitätswende!